Sollen doch diese Leute, die den Sozialismus gut finden nur ein einziges Land nennen, wo der Sozialismus Funktioniert hat. Es gibt keins.
Kannst Du vielleicht auch mal erläutern, was überhaupt unter "Sozialismus" zu verstehen sein soll?
Ja, es gibt Länder, in welchen "Sozialismus" zumindest in Strukturen funktioniert oder funktioniert hat.
Beispiel ist die Ujamaa Wirtschaft in Ländern Afrikas.
"Wie kaum ein afrikanischer Staatsmann hat Julius Nyerere in seinen Reden und Aufsätzen politische Visionen formuliert, die auf seinen Erfahrungen und Einsichten in gesellschaftlichen Prozessen gründeten. Sein Aufsatz aus den 60er Jahren über die Grundlage eines afrikanischen Sozialismus orientiert sich zwar weitgehend an seiner Heimat Tanzania, weist aber ideengeschichtlich weit darüber hinaus. Auch wenn diese Leitlinien heute die aktuelle Politik afrikanischer Staaten kaum tangieren, so ist ihre Bedeutung als intellektuelle Anregung und für das Verständnis afrikanischer Ideen und Geschichte nicht zu unterschätzen.
"Sozialismus ist - wie Demokratie - eine Geisteshaltung. In einer sozialistischen Gesellschaft ist es die sozialistische Geisteshaltung und nicht das starre Festhalten an einem bestimmten politischen Schema, wodurch sichergestellt wird, dass man sich im Volk um gegenseitiges Wohlergehen bemüht.
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ewinnsucht, um Macht und Prestige zu erlangen, ist unsozialistisch. In einer gewinnsüchtigen Gesellschaft neigt der Reichtum dazu, jene zu korrumpieren, die ihn besitzen. Er führt auch dazu, dass in ihnen das Bedürfnis geweckt wird, komfortabler zu leben, sich besser zu kleiden und auf jede Weise ihre Mitbürger zu übertreffen. Dann fangen sie an zu meinen, dass sie auf der Erfolgsleiter so weit wie möglich über ihre Nachbarn hinausklettern müssten. Der sichtbare Unterschied zwischen ihrem eigenen Wohlstand und dem relativen Mangel in der übrigen Gesellschaft, ist beinahe notwendig für den Genuss ihres Reichtums und das setzt eine Spirale persönlichen Wettbewerbs in Bewegung, der dann gesellschaftsschädigend ist.
Neben dieser antisozialen Auswirkung der Akkumulation privaten Reichtums muss das eigentliche Bedürfnis, ihn zu akkumulieren, als „Misstrauensvotum“ gegen das soziale System interpretiert werden. Wenn eine Gesellschaft so organisiert ist, dass man sich um ihre Mitglieder kümmert, dann sollte sich kein einziger in dieser Gesellschaft Sorgen darüber machen, was morgen mit ihm geschehen wird, wenn er heute keinen Reichtum gehortet hat - vorausgesetzt, dass er bereit ist zu arbeiten. Die Gesellschaft sollte selbst nach ihm sehen, oder nach seiner Witwe und den Waisen. Genau das bezweckte die traditionelle afrikanische Gesellschaft mit Erfolg. Beide, das „arme“ wie das „reiche“ Mitglied der Gemeinschaft, waren vollständig abgesichert in der afrikanischen Gesellschaft. Naturkatastrophen brachten Hungersnöte, aber es waren alle davon betroffen - die „Armen“ wie die „Reichen“. Niemand musste hungern, nur weil er keinen Reichtum besaß; weder litt er Mangel an Nahrung noch Mangel an Menschenwürde; er konnte sich auf den Reichtum verlassen, den die Gemeinschaft, deren Mitglied er war, besaß. Das war Sozialismus. Das ist Sozialismus. So etwas wie auf Gewinn ausgerichteten Sozialismus gibt es nicht, denn das wäre wiederum ein Widerspruch in sich. Sozialismus impliziert dem Wesen nach gerechte Verteilung. Sein Interesse liegt darin, dass die, die säen, auch einen gerechten Anteil von dem ernten, was sie gesät haben."
Die politischen Visionen Julius Nyerere’s gründeten auf seinen Erfahrungen und Einsichten in gesellschaftliche Prozesse. Sein Aufsatz aus den 60er Jahren über die Grundlage eines afrikanischen Sozialismus orientiert sich zwar weitgehend an seiner Heimat Tanzania, weist aber ideengeschichtlich...
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Gleichartig funktioniert der Sozialismus auch in israelischen Kibbuzim oder indischen Ashrams und Klöstern unterschiedlicher Religionen.
Auch uns in Europa sind sozialistisch gut funktionierende Strukturen nicht unbekannt. Z. B. Winzergenossenschaften, Raiffeisengenossenschaften, Dreschgenossenschaften, Maschinenring Deutschland GmbH mit Sitz in Neuburg an der Donau, um nur eine kleinere Auswahl zu nennen.
Zugegen, diese Beispiele stellen nicht den umfassenden und totaler Sozialismus dar. Aber wie würde es für manche aussehen, ohne solche sozialistischen Elemente, mit gemeinschaftlichem Eigentum und klaren Regeln zum wechselseitigen Vorteil zusammengeschlossen in einer klugen Selbstorganisation?
Wenn man auch die Sozialdemokratie zum Sozialismus zählt, dann kann ich spontan auch auf Länder wie Finnland, Schweden, Norwegen verweisen, welche es unter dieser Form des Sozialismus nicht unwesentlich zum Wohlstand gebracht haben.